Affiliation
This Research Group belongs to
Principal Investigator, MPIWG
Professor for Media Practices, Humboldt University Berlin
T +49 30 22667 148
Im 19. Jahrhundert kam ein neues Nachdenken auf über kumulative, quantifizierende statistische Methoden in Wissenschaft, Wirtschaft und Staat. Dieses zunehmende Bauen auf Zahlen beruhte auf dem Vertrauen in Daten: dass eine sorgfältig ausgewählte Erfassung bestimmter Merkmale natürlicher oder sozialer Phänomene heterogene Informationen in messbare und damit auch zählbare Form bringen würde. Die Welt als "Daten" zu sehen und zu analysieren, ging Hand in Hand mit der expliziten Verwendung des Begriffs und war eng mit einer Veränderung von Praktiken der Datenerhebung und statistischer Epistemologien verbunden, die den Grundstein für die datengesteuerten Formen der Wissensproduktion legten, welche unsere heutige Zeit dominieren.
Die Forschungsgruppe untersucht Konzepte, Verfahren und Werkzeuge, die eingesetzt wurden, um Dinge, Menschen oder Gedanken in quantifizierbare Datenpunkte zu übersetzen, lang vor der Ära der elektronischen Digitalisierung. Die Gruppe kombiniert einen Fokus auf Datenepistemologien mit dichten Beschreibungen der Erzeugung von Daten in den Geistes- und Humanwissenschaften sowie in bürokratischen und häuslichen Kontexten. Dabei stützen sich die Projekte auf Ansätze der Medien- und Geschlechterforschung, der Umwelt- und Lieferkettenforschung, der Geschichte der Bürokratie, der Geschichte der Geisteswissenschaften, der Sozial-, Human- und Kognitionswissenschaften sowie der Bürgerwissenschaften. Die Studien konzentrieren sich auf verschiedene epistemische Medien - wie Papierformulare, Kinderspielzeug oder Film -, um die soziotechnischen und materiellen Bedingungen und Kulturen manueller Datenpraktiken zu analysieren. Um die sozialen, ökonomischen und politischen Implikationen von Daten zu entschlüsseln, untersuchen wir die Herstellung, Erprobung und Verwendung von Werkzeugen zur Dateneinschreibung, -erfassung und -verbreitung. Dadurch zeigen wir, wie letztere wiederum Forschungsfragen und -methoden, Untersuchungspraktiken, Arbeitsabläufe und Arbeitshierarchien sowie die Beziehung zwischen Beobachtenden und Beobachteten in unterschiedlichen Forschungsumgebungen prägen, zu Hause, in Labor und Bibliothek, wie auch in der Gesellschaft insgesamt.